Zmitser Dashkevich, gewaltloser politischer Gefangener in Belarus, droht eine Verlängerung seiner Haftstrafe um ein Jahr, weil er gegen Gefängnisregeln verstoßen haben soll. Er hat beinahe seine gesamte bisherige Haftzeit in einer Strafzelle verbracht.
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Der Sprecher der oppositionellen Jugendbewegung “Jugendfront”, Zmitser Dashkevich, leistet momentan sein ursprüngliches Strafmaß in der Gefängniskolonie Glubokoe im Nordwesten von Belarus ab. Dorthin war er am 27. September 2011 verlegt worden.
Diese Woche erfuhr Amnesty International, dass die Verwaltung der Gefängniskolonie seinen Fall an den Untersuchungsausschuss der Republik Belarus weiterleitet hat. Der Untersuchungsausschuss wird nun entscheiden, ob genügend Beweise vorliegen, um aufgrund von § 411 des Strafgesetzbuches der Republik Belarus (“vorsätzlicher Ungehorsam gegen die Verwaltung einer Justizvollzugsanstalt”) ein neues Strafverfahren gegen Zmitser Dashkevich zu eröffnen. Zmitser Dashkevich reagierte darauf mit einen Brief an den Leiter der Gefängniskolonie, in dem er erklärte, er verweigere bewusst die Erfüllung bestimmter Anforderungen der Gefängnisverwaltung, da er diese Auflagen für rechtswidrig halte.
Zmitser Dashkevich wurde am 24. Mai 2011 wegen mutmaßlichen Verstoßes gegen § 339 (Rowdytum) am Vortag der Wahl, dem 18. Dezember 2010, zu zwei Jahren Haft in einer Arbeitskolonie verurteilt. Amnesty International ist der Auffassung, dass die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen einer Grundlage entbehren und konstruiert wurden, um seine Teilnahme an der Demonstration am 19. Dezember 2010 zu verhindern. Seit seiner Verurteilung im März 2011 wurde Zmitser Dashkevich wiederholt von der Gefängnisverwaltung unter Druck gesetzt. Bis September 2011 wurde er achtmal in eine Strafzelle verlegt, wo er seitdem die meiste Zeit verbracht hat. In Strafzellen herrschen besonders harte Bedingungen: Die Gefangenen erhalten keine Bettwäsche, die Temperatur fällt im Winter oft auf bis zu minus 15 Grad Celsius und sie dürfen weder Besuch noch Post erhalten. Im September wurde Zmitser Dashkevich die Gelegenheit geboten, im Gegenzug für ein Schuldgeständnis Straferlass beim Präsidenten zu beantragen, doch dieses Angebot nahm er nicht an. Zmitser Dashkevich wird vorgeworfen, auf bösartige Weise gegen Gefängnisregeln verstoßen zu haben. Er darf keinen Besuch von Familienangehörigen erhalten. Die andauernde Schikanierung von Zmitser Dashkevich wegen seines mutmaßlichen Verstoßens gegen Gefängnisregeln scheint darauf ausgerichtet zu sein, ihn physisch und psychisch unter Druck zu setzen.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Zmitser Dashkevich ist einer von derzeit vier in Belarus in Haft befindlichen gewaltlosen politischen Gefangenen, deren Festnahme darin begründet liegt, dass sie am 19. Dezember 2010 an weitgehend friedlichen Demonstrationen teilgenommen hatten. An jenem Tag hatten sich in der Innenstadt von Minsk Zehntausende Menschen versammelt, um ihrem Protest gegen unfaire Wahlen Ausdruck zu verleihen. Die überwiegend friedliche Veranstaltung wurde durch einen gewalttätigen Zwischenfall vor dem Regierungssitz gestört, woraufhin die Bereitschaftspolizei einschritt und die Menschenmenge auseinander trieb.
Nach dem Vorfall wurden mehr als 700 Menschen festgenommen, die meisten von ihnen friedliche DemonstrantInnen und unbeteiligte PassantInnen. Die überwiegende Mehrheit wurde des Begehens einer Ordnungswidrigkeit angeklagt und zu Freiheitsstrafen zwischen zehn und 15 Tagen verurteilt. Gegen eine Reihe anderer ProtestteilnehmerInnen, unter ihnen sechs der sieben Bewerber der Opposition um das Präsidentenamt, weitere oppositionelle AktivistInnen und unabhängige JournalistInnen, erging hingegen Anklage unter anderem wegen “Herbeiführens von Massenunruhen”. Seit den Demonstrationen haben die Behörden landesweit die Büros oppositioneller Vereinigungen und regierungskritischer Medien durchsucht. Gegen die Arbeit von MenschenrechtsverteidigerInnen, Rechtsbeiständen und anderen BürgerrechtsaktivistInnen wurden auf beispiellose Weise durchgegriffen. In den darauffolgenden Monaten sind zahlreiche Personen in Zusammenhang mit den Demonstrationen inhaftiert worden.
Viele Personen, die wegen der Teilnahme an den Demonstrationen vom Dezember 2010 zu Haftstrafen verurteilt worden waren, sind freigelassen worden, nachdem sie ein Geständnis unterzeichnet hatten, in dem sie zugaben, “Massenunruhen” organisiert oder daran teilgenommen zu haben.
Die vier gewaltlosen politischen Gefangenen sind:
Mykalau Statkevich, am 26. Mai 2011 zu sechs Jahren Haft verurteilt.
Pavel Sevyarynets, am 16. Mai 2011 zu drei Jahren Haft verurteilt.
Zmitser Dashkevich, am 24. März 2011 zu zwei Jahren Haft verurteilt.
Eduard Lobau, am 24. März 2011 zu vier Jahren Haft verurteilt.
Weitere Informationen zur Menschenrechtssituation in Belarus finden Sie hier.