Haft wegen Teddy-Fotos

Dem Studenten Anton Suryapin drohen bis zu sieben Jahre Haft, weil er im Internet Fotos von Teddybären veröffentlicht hat, die Plakate mit der Forderung nach mehr Meinungsfreiheit hochhielten.

Die Teddybären waren aus einem Flugzeug abgeworfen worden, das mit zwei SchwedInnen an Bord nach Belarus hineingeflogen war. Ihm soll das “Organisieren illegaler Einwanderung” zur Last gelegt werden, was mit sieben Jahren Haft bestraft werden kann. Anton Suryapin ist ein gewaltloser politischer Gefangener.

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Der 20-jährige Anton Suryapin studiert an der Journalistischen Fakultät der Staatsuniversität Belarus. Er wurde am 13. Juli festgenommen und ihm drohen laut Artikel 371 des belarussischen Strafgesetzbuchs (“Das Organisieren illegaler Einwanderung”) sieben Jahre Freiheitsentzug. Diese Anklage ging aus einem Vorfall am 4. Juli, dem Unabhängigkeitstag der Republik Belarus, hervor. An diesem Tag flogen zwei MitarbeiterInnen eines schwedischen Werbeunternehmens (Studio Total) mit einem einmotorigen Flugzeug von Litauen nach Belarus und verstießen damit gegen belarussisches Recht. Sie überflogen die zwischen Minsk und der litauischen Grenze gelegene Stadt Ivyanets und ließen dabei etwa 800 mit Fallschirmen ausgestattete Teddybären fallen. Die Plüschtiere hielten Plakate hoch, auf denen Meinungsfreiheit in Belarus gefordert wurde. Laut belarussischem Recht kann Anton Suryapin zehn Tage lang gefangen gehalten werden, muss nach dieser Zeit aber entweder angeklagt oder freigelassen werden. Die zehn Tage verstrichen am 23. Juli, ohne dass er freikam. Amnesty International geht davon aus, dass er auf Grundlage von Artikel 371 angeklagt wurde. Sein Rechtsbeistand kann keine weiteren Informationen bekannt geben. Die Behörden reagieren mit der Festnahme von Anton Suryapin darauf, dass er auf einer belarussischen Nachrichtenwebsite Fotos der Teddybären veröffentlichte. Anton Suryapin beteuert, die Fotos von einer anonymen Quelle erhalten zu haben. Er war einer der ersten, der Bilder der Teddybären von Ivyanets veröffentlichte.

Syarhei Basharimau vermietet in Minsk Wohnungen und wurde unter dem Verdacht festgenommen, den SchwedInnen beim illegalen Überqueren der Grenze geholfen zu haben. Er soll zwei KollegInnen des Piloten, die vor der Aktion nach Minsk gekommen und unmittelbar danach wieder abgereist waren, eine Wohnung zur Verfügung gestellt zu haben. Mutmaßlich wurde er ebenso wie Anton Suryapin auf Grundlage von Artikel 371, Teil 3 des Strafgesetzbuchs angeklagt. Auch ihm drohen bis zu sieben Jahre Haft. Der Pilot Thomas Mazetti verurteilte die Festnahmen am 18. Juli in einem Interview mit der Website Charter97. Er betonte, dass weder er noch seine Kollegin zu Anton Suryapin Kontakt hatte und dass Syarhei Basharimau ihnen lediglich den Schlüssel einer Mietwohnung ausgehändigt habe.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Am 4. Juli organisierte ein schwedisches Werbeunternehmen einen Werbe-Gag, um die öffentliche Aufmerksamkeit auf Verstöße gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung in Belarus zu lenken. Videoaufnahmen, die am darauffolgenden Tag von Studio Total veröffentlicht wurden, zeigen zwei Personen in Tiermasken. Einer von ihnen wirft Teddybären aus dem Flugzeug. Das belarussische Verteidigungsministerium dementierte sofort, dass in den Luftraum des Landes eingedrungen worden sei und erklärte, das Videomaterial sei eindeutig gefälscht. Die Polizei entfernte die Teddybären aus Ivyanets, doch AugenzeugInnen berichteten in Interviews mit dem Radiosender Radio Free Europe und mit unabhängigen belarussischen Medien darüber, die Teddybären und das Flugzeug gesehen zu haben.

Nach Informationen der Werbefirma Studio Total sei die Kampagne von einer Aktion in Minsk inspiriert gewesen, bei der Pavel Vinogradov eine Gruppe von Stofftieren aufgestellt hatte, die mit Plakaten für Meinungsfreiheit und gegen die Brutalität der Polizei “demonstrierte”. Anschließend war er wegen der Aktion zu einer zehntägigen Verwaltungshaft verurteilt worden. Tomas Mazetti, der Pilot des Flugzeugs, und seine Kollegin Hannah Frey wurden bei ihrer Aktion von zwei weiteren Personen unterstützt, die nach Minsk gereist waren, um, falls dies benötigt werden sollte, sie vom Boden aus zu unterstützen. Einer von ihnen war Per Cromwell, der Mitbegründer von Studio Total.

Die belarussischen Behörden haben in Zusammenhang mit den Vorfällen am 4. Juli eine Reihe von Menschen inhaftiert. Syarhei Basharimau betreibt ein Unternehmen in Minsk, das Wohnungen vermietet, und wurde festgenommen, weil er in Verdacht steht, den SchwedInnen beim illegalen Überqueren der Grenze geholfen zu haben. Der Verdacht entstand, weil er Per Cromwell und der ihn begleitenden Person eine Wohnung vermietet haben soll. Er befindet sich weiterhin in Haft. Ein 16-jähriges Mädchen aus Ivyanets wurde ebenfalls für kurze Zeit inhaftiert und befragt. Sie wurde verdächtigt, die Urheberin der von Anton Suryapin veröffentlichten Bilder zu sein.

Weitere Informationen zur Menschenrechtssituation in Belarus finden Sie hier.

1. April 2019