Erfolge

Einsatz mit Erfolg – Ukraine

aktualisiert am 20. August 2021

Amnesty International berichtet im Amnesty Journal regelmäßig über Erfolge seiner Arbeit und des Einsatzes durch seine Unterstützer weltweit. Auf dieser Seite haben wir Ihnen einige Erfolge des Engagements von Amnesty in der Ukraine zusammengestellt. Wenn auch Sie sich aktiv für die Menschenrechte in der Ukraine engagieren möchten, sind Sie herzlich zur Mitarbeit in unserer Gruppe oder zur Teilnahme an unseren Unterschriftenaktionen eingeladen!

2021

Hassverbrechen wird weiter untersucht

Die LGBTI- und Frauenrechtsverteidigerin Vitalina Koval wurde 2018 homofeindlich angegriffen. Nachdem die Ermittlungen zunächst Gefahr liefen, am 31. Juli 2021 eingestellt zu werden, sollen sie nun doch bis zum 31. Januar 2022 andauern. Das Gutachten zur Feststellung eines möglichen Diskriminierungsmotivs sowie einer möglichen Einstufung des Angriffs als Hassverbrechen wird voraussichtlich Anfang 2022 fertiggestellt. Diese Entwicklung ist zu begrüßen, da eine Einstellung der Ermittlungen Vitalina Koval das Recht auf gleichberechtigten Zugang zur Justiz verwehrt hätte.
Amnesty International hatte sich zuletzt mit einer Eilaktion für die Weiterführung der Ermittlungen eingesetzt.

2019

Polizei schützt Trans March in Kiew!

Am 23. November sorgte ausreichend Polizeipräsenz dafür, dass auch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew der diesjährige Trans March stattfinden konnte. Geschützt durch die Beamt_innen gedachten etwa hundert Teilnehmende anlässlich des internationalen Transgender Day of Remembrance den Opfern von Transfeindlichkeit. Angekündigte Störungsversuche rechter Gruppierungen konnten verhindert werden.

Am 23. November konnten Trans-Aktivist_innen zum Gedenktag für die Opfer von Transfeindlichkeit (Transgender Day of Remembrance) eine Demonstration in der ukrainischen Hauptstadt Kiew durchführen. Die eingesetzten Polizeibeamt_innen schützten den Trans March mit Erfolg und ermöglichten so den etwa hundert Teilnehmenden, friedlich ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung wahrzunehmen.

Der effektive Polizeischutz in diesem Jahr steht im krassen Kontrast zu den Ereignissen um den Trans March im Vorjahr. Als dieser von gewalttätigen Gruppierungen angegriffen wurde, ging die Polizei weder gegen die Angreifer_innen vor noch schützte sie die teilnehmenden Trans-Aktivist_innen. Stattdessen zwang sie diese in eine nahegelegene U-Bahn-Station und sorgte so dafür, dass sie ihre friedliche Versammlung abbrechen mussten.

In diesem Jahr begann der Trans March auf dem zentral gelegenen Mykhailivska-Platz mit einer Schweigeminute, danach folgten mehrere Redebeiträge. In der Nähe hatten sich Gruppierungen versammelt, die offen Hass und Diskriminierung propagierten, doch in diesem Jahr stellte sich die Polizei schützend vor die Gedenkdemonstration. Die Beamt_innen unterbanden mindestens einen massiven Versuch der Gegendemonstrant_innen, die Polizeikette zu durchbrechen und die Teilnehmenden des Trans March anzugreifen.

Etwa zwanzig Minuten nach Veranstaltungsbeginn zogen die Trans-Aktivist_innen durch die zentralen Straßen von Kiew. Dabei wurden sie sowohl auf der Demo selbst als auch auf ihrem Heimweg von Dutzenden Polizeibeamt_innen geschützt. Deren Präsenz auf der Demo-Route und in den umliegenden Straßen konnte offensichtlich verhindern, dass die Teilnehmenden angegriffen wurden. Der Trans March endete auf dem Poshtova-Platz und alle Aktivist_innen konnten über die nahegelegene U-Bahn-Station das Gebiet sicher wieder verlassen.

Die Organisator_innen des Trans March danken allen, die inner- und außerhalb der Ukraine durch ihre Unterstützung zu diesem Erfolg beigetragen haben.

Oleg Sentsov und weitere Inhaftierte freigelassen

Der ukrainische Filmemacher Oleg Sentsov ist nach mehr als fünf Jahren Haft in der Russischen Förderation im Rahmen eines Gefangenenaustauschs zwischen der Ukraine und der Russischen Föderation am 7. September 2019 freigelassen worden. Amnesty International hatte seine sofortige und bedingungslose Freilassung gefordert. Gemeinsam mit Oleg Sentsov kamen auch der ukrainische Aktivist Aleksandr Kolchenko und der Krimtatar Edem Bekirov im Rahmen des Gefangenenaustauschs frei. Amnesty International hatte sich für beide Männer ebenfalls eingesetzt.
Oleg Sentsov bedankte sich in seiner ersten Pressekonferenz nach der Freilassung explizit für die Solidaritätsschreiben, die er gerade auch von Amnesty International-Aktivist_innen in der Haft erhalten habe.

Polizei schützt Demonstration zum Frauentag

Die von der Menschenrechtsverteidigerin Vitalina Koval anlässlich des Internationalen Frauentags organisierte Demonstration in Uschhorod in der Westukraine war ein Erfolg. Die Teilnehmenden wurden von der Polizei gut geschützt und konnten ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung wahrnehmen. Rechtsextreme Gruppen hatten zuvor offen ihre Absicht erklärt, die Demonstrationen zu stören. Aufgrund des nationalen und internationalen Drucks, auch im Rahmen des internationalen Briefmarathons von Amnesty International im Jahr 2018, ergriffen die ukrainischen Behörden in diesem Jahre die erforderlichen Maßnahmen und stellten sicher, dass die Veranstaltung ungehindert stattfinden konnte. 

2018

Aktivist_innen außer Gefahr

Nach den gewaltsamen Angriffen, die am 8. März den Internationalen Frauentag in der Ukraine gekennzeichnet hatten, droht Vitalina Koval und anderen Frauenrechtler_innen sowie LGBTI-Aktivist_innen nun offenbar keine unmittelbare Gewalt mehr. Vitalina Koval hat entsprechende Schutzmaßnahmen für eine weitere öffentliche Protestaktion erhalten, die am 31. März stattfand. Mit der Aktion protestierte sie gegen die Straflosigkeit für rechtsextreme Gruppen in der Ukraine. Vitalina Koval berichtete Amnesty International, dass sie der Ansicht sei, die Schutzmaßnahmen der Polizei für die am 31. März stattgefundene Protestaktion seien größtenteils auf den Eingang zahlreicher Appelle bei der Polizei zurückzuführen. Weitere Informationen finden Sie hier.

2017

Ilmi Umerov: ethnischer Krimtatar und stellvertretender Leiter der Medschlis freigelassen

Der 59-jährige Aktivist Ilmi Umerov wurde Mitte August 2016 gegen seinen Willen in einer psychiatrischen Klinik festgehalten. Ende September folgte seine Verurteilung durch ein De-facto-Gericht in Simferopol zu zwei Jahren Strafkolonie und einem zweijährigen Verbot öffentlicher Aktivitäten nach Paragraf 280.1 des russischen Strafgesetzbuchs (“Aufforderung zur Verletzung der territorialen Integrität der Russischen Föderation durch Massenmedien und das Internet”). Die strafrechtliche Verfolgung von Umerov sowie seine dreiwöchige Zwangsunterbringung in der Psychiatrie scheinen Vergeltungsmaßnahmen für seinen politischen Aktivismus zu sein. Er hat immer wieder öffentlich die Besetzung der Krim durch Russland im Jahr 2014 kritisiert. Am 27. Oktober 2017 wurde Ilmi Umerov aus der Haft entlassen. Weitere Informationen finden Sie hier.

2016

Aus geheimer Haft entlassen

Dmytro Koroliov ist ein ehemaliger Bereitschaftspolizist aus der Stadt Saporischschja in der Ostukraine. Am 2. Juli 2015 verurteilte man ihn zu einer fünfjährigen Bewährungsstrafe wegen des Vorwurfs, eine rechtswidrige bewaffnete Gruppe gegründet und sich des Wehrdienstes entzogen zu haben. Am 3. August 2015 trat dieses Urteil offiziell in Kraft und Dmytro Koroliov sollte auf Bewährung freigelassen werden. Stattdessen wurde er jedoch von Angehörigen des SBU verschleppt und in eine geheime Hafteinrichtung in Charkiw gebracht. Nach einem Jahr ist er am 2. August entlassen worden. Weitere Informationen finden Sie hier.

Nicht länger “verschwunden”

Kostyantyn Beskorovaynyi kehrte am 25. Februar nach Hause zurück, nachdem er 15 Monate lang in geheimer Haft festgehalten worden war. Im Juli kündigte der Oberste Militärstaatsanwalt eine wirksame Untersuchung zu den Vorwürfen des Verschwindenlassens und der Folter und anderweitiger Misshandlung von Kostyantyn Beskorovaynyi durch den ukrainischen Geheimdienst an. Weitere Informationen finden Sie hier.

Ukrainischer Offizier freigelassen

Ivan Bezyazykov, Oberst des militärischen Nachrichtendienstes der Ukraine, wurde am 16. August 2014 bei Kampfeshandlungen mit prorussischen Separatist_innen in der Ostukraine gefangen genommen. Bis Mai 2015 durfte er mehrfach seine Frau anrufen. Im Oktober 2015 startete Amnesty International eine Urgent Action für Ivan Bezyazykov. Seine Frau hatte der Organisation berichtet, dass er in Haft gefoltert, anderweitig misshandelt und bedroht worden war. Am 5. Juli 2016 wurde Ivan Bezyazykov endlich freigelassen. Er ist nun wieder bei seiner Familie in Zhytomyr im Norden der Ukraine.

2014

Euromaidan-Aktivisten aus Geiselnahme entlassen

Die Euro-Maidan-AktivistInnen Oleksiy Gritsenko, Natalya Lukyanchenko und Sergiy Suprun waren seit dem 13. März verschwunden, nachdem sie sich eine Woche auf der Krim aufgehalten hatten. Zuletzt berichteten sie, sie seien verfolgt worden und dass Schüsse auf ihr Auto abgefeuert worden seien. Ihre Handysignale wurden in der Nähe des Kommissariats für militärische Einberufung in Simferopol geortet. Die AktivistInnen wurden zusammen mit anderen Geiseln am 20. März freigelassen.

Euromaidan-Aktivist Dmitrii Bulatov darf ins Ausland ausreisen

Dmitrii Bulatov ist einer der Hauptorganisatoren und Teilnehmer der Automaidans, bei denen sich Autokolonnen in die Demonstrationen einreihen, die seit November 2013 in Kiew abgehalten werden. Er “verschwand” am 22. Januar. Wie sich später herausstellte, war er von Unbekannten verschleppt und gefoltert worden. Am Abend des 30. Januar wurde er in einem Waldstück außerhalb von Kiew aus einem Auto geworfen. Dmitrii Bulatov ist zwar wegen der “Organisation von Massenunruhen” unter Anklage gestellt worden, darf jedoch zur Behandlung seiner schweren Verletzungen ins Ausland reisen. Amnesty International ist überzeugt, dass die internationalen Appelle, auch im Rahmen der Urgent Action, einen wichtigen Beitrag dazu geleistet haben, dass Dmitrii Bulatov noch lebt und jetzt medizinisch behandelt wird.

Bei Demonstration inhaftierter Yaroslav Prytulenko entlassen

Während einer Demonstration gegen die Regierung in Kiew am 1.12.2013 wurden neun Demonstranten inhaftiert. Sechs von ihnen wurden kurz darauf gegen Kaution oder Hausarrest freigelassen. Zwei weiteren wurde eine Geldstrafe auferlegt. Yaroslav Prytulenko blieb inhaftiert, wurde nun aber entlassen. Alle Anschludigungen gegen ihn wurden fallengelassen.

2013

Erster Pride March in Kiev

Amnesty International und die Organisatoren des Kyiv Pride 2013 begrüßen die Zusammenarbeit mit der ukrainischen Polizei und deren Schutz während des ersten erfolgreichen LGBTI Pride March in der Ukraine. Weitere Informationen finden Sie im Amnesty Joint Statement vom 27. Mai 2013.

2011

Ukraine: Urgent Action löst Ermittlungen aus

Das Amt der Ombudsperson der Ukraine hat in Reaktion auf eine Urgent Action zugunsten von Rostislav Chapran Ermittlungen eingeleitet. Am 19. Mai 2011 hatte Amnesty International auf der Grundlage von Informationen der Familie von Rostislav Chapran eine Urgent Action zugunsten des 32-jährigen Mannes gestartet. Rostislav Chapran hatte sich am 4. April aus freien Stücken auf der Polizeiwache von Lviv (Lemberg) gemeldet, nachdem er erfahren hatte, dass die Polizei nach ihm sucht. Ihm wurde zunächst “Missachtung polizeilicher Anweisungen” vorgeworfen und er wurde 15 Tage lang in Verwaltungshaft gehalten. Nach Ablauf der Verwaltungshaft verlegte man Rostislav Chapran in eine psychiatrische Klinik, ließ aber seine Familie und seinen Rechtsanwalt über seinen Verbleib im Ungewissen. Familie und Rechtsbeistand wurden darüber hinaus weder über die Anklagepunkte gegen Rostislav Chapran in Kenntnis gesetzt noch teilte man ihnen mit, auf welcher Grundlage die Einweisung des 32-Jährigen in die Psychiatrie veranlasst worden war. Nach seiner Festnahme am 19. Mai hatte Rostislav Chapran keinerlei Gelegenheit, sich mit seinem Rechtsbeistand oder seiner Familie in Verbindung zu setzen. Von der Familie des Mannes erfuhr Amnesty International, dass die Polizei für die Freilassung von Rostislav Chapran am 19. April 3.000 Euro Bestechungsgeld verlangt habe.

Die Ombudsperson der Ukraine teilte Amnesty International in einem auf den 16. Juni datierten Brief mit, gegen Rostislav Chapran sei am 19. April Anklage wegen Mordversuchs ergangen, die zwei Tage später vom Bezirksgericht in Galitsky bestätigt worden sei. Sein Gewahrsam in der psychiatrischen Klinik von Lviv vom 22. April bis zum 26. Mai beruhte auf einem Urteil des Bezirksgerichts Galitsky und nicht – wie zunächst angenommen – auf Willkür vonseiten der Polizei. Sein derzeitiger Haftort ist das Untersuchungsgefängnis von Lviv. Die Staatsanwaltschaft der Region hat Ermittlungen zur Aufklärung des von Amnesty Inernational geäußerten Verdachts auf Zahlung von Bestechungsgeldern eingeleitet. Vom Amt der Ombudsperson wurden keine weiteren Rechtsverstöße festgestellt.

In der Ukraine ist es gängige Praxis, Personen, denen schwere Straftaten zur Last gelegt werden, zwecks psychiatrischer Untersuchung in die geschlossene Abteilung einer psychiatrischen Klinik einzuweisen. Amnesty International hält es allerdings für besorgniserregend, dass Rostislav Chapran während der Zeit in der Klinik keinen Kontakt zur Außenwelt aufnehmen durfte.

Nach Einschätzung von Amnesty International ist Rostislav Chapran auf der Grundlage einer Verwaltungshaftanordnung vom 4. bis 19. April unter Verstoß gegen Artikel 5 der Europäischen Menschenrechtskonvention willkürlich seiner Freiheit beraubt worden. Mit diesem Vorgehen sollte der Polizei Gelegenheit geben werden, Beweise zu ermitteln, die eine Strafanklage rechtfertigen. Eine solche Missachtung der Europäischen Menschenrechtskonvention ist in der Ukraine kein Einzelfall, sondern vielmehr gängige Praxis, um Geständnisse unter Folter oder durch anderweitige Misshandlungen zu erzwingen oder von den Familien Geld zu erpressen.

16. Februar 2022